Diskus

Der Diskus, Die Frankfurter Studentenzeitung, 16. bis 19. Jahrgang, also 1966 bis 1969, im Textformat, durchsuchbar.

Hinzu kommt die 1. Ausgabe des Diskus des Jahres 1970, mit der die Herausgeber versuchen, nicht mehr auf Agitation zu setzen, sondern „auf aufklärerische Information, auf Diskussion von Analysen der politischen Situation.“

Diskus Kopf

Diskus Februar 1966 bis Januar 1970

Die Ausgaben des Diskus sind hier in Abweichung von der vorgegebenen Zeitspanne „Oktober 1967 bis Dezember 1969“ ab  Februar 1966 bis zur 1. Ausgabe 1970 abrufbar. Dies ist sinnvoll, weil schon früh in einigen Artikeln das Problem der Hochschulreform thematisiert wird, die erst später in das Zentrum der Diskussionen gerät.

Diskus Sterne

Das Diskusteam Anfang 1968:

Diskus Herausgeber 1968

Das Diskusteam Mitte 1969:

Diskus Herausgeber 1969

Der Diskus war tot, der Diskus lebt!

Im Januar 1970 erscheint der Diskus in neuem Gewand und mit der erklärten Absicht der Herausgeber, einen neuen Beginn zu wagen. In einem kurzen „editorial“ wird dies eindeutig formuliert:

„Der diskus war tot. Die anarchische Studentenbewegung war unfähig zu organisierter Arbeit. Der SHB versucht die Reorganisation politischer Arbeit in der Hochschule – nicht nur unter den Lohnabhängigen, weil Wissenschaft zu einem zentralen Faktor der Selbsterhaltung und Ausweitung von Staat und Gesellschaft geworden ist. Die Reorganisation politischer Arbeit durch das Mittel einer Studentenzeitung, zumal bei Absicht auf überregionales Erscheinen, geht allererst nicht auf Agitation, sondern auf aufklärerische Information, auf Diskussion von Analysen der politischen Situation, von Formen politischer Arbeit. Die eindimensionale Analyse, wie sie vom SDS auch für den diskus verbindlich gemacht worden war, ist ihrer Erfolglosigkeit überführt. Diese Neuausgabe – ab Herbst in rascherer Folge – konkretisiert ihr Programm durch eine Selbstdarstellung von an der Hochschule tätigen politischen Gruppen und Fachschaften, gibt Hinweise auf die Konsequenzen des neuen Hessischen Hochschulgesetzes für Universität und Studenten, analysiert die Wandlungen im Ausbildungssektor in weiterem Rahmen.
Wir sind angewiesen auf die Mitarbeit, sei sie in politischen Gruppen und Fachschaften organisiert oder nicht, für die der diskus ein Organ der Information und Selbstverständigung werden soll. Zu den dringenden – bislang freilich vernachlässigten Forderungen an eine bewußte linke Studentenbewegung gehört die Diskussion und Analyse ihrer Entstehung und Geschichte. Eine der Aufgaben des Diskus muß darin bestehen, dafür Platz zu schaffen. So sollen diese Fragen Gegenstand einer besonderen Beilage im Herbst dieses Jahres sein. Eine Untersuchung der Geschichte des Diskus kann beitragen sowohl zu diesem Thema als zum Selbstverständnis der Studentenzeitung selbst – um so nötiger beim Neubeginn.“

Diskus, Januar 1970, Ausgabe Nr.1, Seite 1

Konrad Schacht, einer der Herausgeber, ergänzt dieses editorial, indem er die politische Funktion einer Studentenzeitung definiert:

Der mobilisierenden Konfliktstrategie der sich revolutionär begreifenden Studentenbewegung folgte – zumindest in Frankfurt Apathie. Die technokratischen Modernisierungen im Hochschulbereich stießen hier in Hessen nur auf eine begrenzt reaktionsfähige Studenten- und Assistentenschaft. Gegenüber den übermächtigen Integrationsfähigkeiten des Systems schien den Studenten nichts zu bleiben als hochschulpolitische Resignation und Arbeit an der proletarischen Basis, um von hier aus eine Politik der totalen Umwälzungen langfristig zu ermöglichen. Theoretisch begründbare Positionen studentischer Politik, die – nach einer genauen Analyse der latenten und manifesten Funktionen technokratischer Hochschulpolitik – für eine Weiterführung radikaler Reformpolitik im Bildungssektor plädieren, sind bisher erst zaghaft oder fragmentarisch ausgeführt oder vertreten worden. Die Herausgeber dieser Zeitung halten eine solche Debatte an den Universitäten für notwendig, um – jenseits von Dogmatismus und Pragmatismus zugleich – wieder zu einer theoretisch legitimierten Praxis im Hochschulbereich zu kommen. Geradezu selbstverständlich ist, daß diese Diskussion nicht isoliert vom Bezug auf Bereiche außerhalb der Hochschule zu führen ist: Der Streit ums politische Mandat hatte symbolisch signalisiert, daß Studenten sich der sozialen Relevanz ihrer wissenschaftlichen Praxis bewußt sind. Von da aus ist es nicht nur legitim, sondern selbstverständlich, daß in einer Studentenzeitung Stellung genommen wird zur Gewerkschaftsfrage, zum Nahostkonflikt, zum Imperialismusproblem, zur Faschismustheorie, usw. Der Gefahr der Selbstüberschätzung ist dabei aus Erfahrung mit diesem Blatt klug geworden – zu begegnen. Eine Studentenzeitung kann nicht zum Äquivalent studentischer Organisation werden, sie sollte nicht zum permanenten Agitationsforum einer Richtung werden, sondern studentische Praxis beispielhaft als emanzipatorische realisieren helfen, indem sie sich permanent selbst reflektieren lernt und in theoretische Begründungszusammenhänge zu stellen versucht. Sie sollte exemplarisch immunisieren gegen Dezisionismus und Dogmatismus gleichermaßen. Die erste Ausgabe des diskus wird diesem Anspruch nur partiell gerecht. Die Beschränkung auf Hochschulpolitik im engen Sinn ist offensichtlich. Der deskriptive Teil überwiegt. Bewußt sind wir das Risiko eingegangen, daß langwierige Fachschaftsberichte und Gruppenselbstdarstellungen kaum noch die Studenten interessieren, sie deshalb das Blatt als Funktionärsarchiv beiseite schieben. Wir halten es für notwendig, daß die universitäre Öffentlichkeit rekonstruiert wird, daß die kontroversen Positionen jenseits demagogischer Verzerrung konfrontiert werden können, um der Masse der Studenten rationales politisches Handeln wieder zu ermöglichen. Transparent werden kann der hochschulpolitische Prozeß nur, wenn Zirkelwesen und punktuelles Wahlkampfgetöse durchbrochen werden und wieder Argumente wie Fakten permanent in die Universitätsöffentlichkeit hineinströmen. Zur Politisierung scheint uns dies ebenso relevant zu sein wie Konflikte mit der Polizei oder einem politisch vernagelten Rektorat. Die Beilage zur Technokratiediskussion soll die spröde Faktensammlung theoretisch zumindest etwas überhöhen. Die Technokratiediskussion muß aus der theoretischen Sackgasse heraus, Basisgruppen und Fachschaften müssen überregional öffentlich über antitechnokratische Strategie und Taktik kommunizieren lernen, Aktionismus und Mauschelei sollten wieder öffentlich angegriffen werden können mit theoretisch stichhaltigen Argumenten und nicht mit Phrasen oder personalisierenden Diffamierungen. Gerade die erste Nummer dieses Blattes ist daher ein Experiment. Die desolate Lage der Fachschaften und politischen Gruppen wird in ihr ebenso deutlich wie die Notwenigkeit ihrer Aktivierung. Zu letzterem kann dieses Blatt ohne studentische Mitarbeit, d. h. also konkret die Mitarbeit aller politisch und hochschulpolitisch engagierter Kräfte – wenig beitragen.

Diskus, Januar 1970, Ausgabe Nr.1, Seite 2

Das Selbstverständnis der Studentenzeitung

Veit Feger als weiterer Herausgeber ergänzt dies mit einer Übersicht zur chronologischen Entwicklung des Diskus und stellt ihr folgende Überlegungen voran:

Zu den dringenden – bislang freilich vernachlässigten Forderungen an eine bewußte linke Studentenbewegung gehört die
Diskussion und Analyse ihrer Entstehung und Geschichte. Eine der Aufgaben des Diskus muß darin bestehen, dafür Platz zu
schaffen. So sollen diese Fragen Gegenstand einer besonderen Beilage im Herbst dieses Jahres sein. Eine Untersuchung der
Geschichte des Diskus kann beitragen sowohl zu diesem Thema als zum Selbstverständnis der Studentenzeitung selbst
– um so nötiger beim Neubeginn.“

Diskus Januar 1970, Ausgabe Nr.1, Seite 35 ff.

Veit Feger schließt seine chronologische Übersicht mit einem relativ optimistischen Ausblick:

In dem Leitartikel der bis auf weiteres dann letzten Ausgabe Januar-Februar 1969 wird die „Notwendigkeit einer historischen
Analyse der Frankfurter Studentenrevolte
“ betont. So aphoristisch dieser Versuch, so wenig kommt er an ein Ende. „Fortsetzung
folgt“ wird versprochen aber nicht gehalten. Thematisch liegt hier der Ansatz für eine Kontinuität im Diskus.“

Diskus Januar 1970, Ausgabe Nr.1, Seite 37