Thomas Schmid, SDS

Thomas Schmid ist einer der Aktivisten der Frankfurter Studentenbewegung. 1968 wird er Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Er ist ist an der Universität für das Studienfach Germanistik eingeschrieben. Im WS 1968/69 und SS 1069 ist er Sprecher der Fachschaft Germanistik. Zudem organisiert er die sogenannte Basisgruppe Germanistik, die gegen die Ordinarienunversität revoltiert und für die Selbstorganisation des Studiums kämpft Anfang 1969 beteiligt er sich an Störungen der Lehrveranstaltungen von Süllwold und anderen Lehrenden.

Im September 2000 tritt Thomas Schmid in das Politik-Ressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein. 2001 übernimmt er als verantwortlicher Redakteur das Ressort Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Im November 2006 löst dort er Roger Köppel als Chefredakteur Der Tageszeitung Die Welt ab. 2008 wird er Chefredakteur der Welt-Gruppe im Axel Springer Verlag. Von Februar 2010 bis Juni 2014 ist Schmid Herausgeber der Welt-Gruppe. Er arbeitet inzwischen als Autor und Publizist.

Thomas Schmid

Der geläuterte Thomas Schmid

In einem Blog veröffentlicht Tomas Schmid – verwandelt von einem Saulus in einen Paulus – Kommentare und vieles mehr. Dort wird er folgendermaßen charakterisiert:

„Thomas Schmid nahm in seinen Zwanzigern an der Studentenbewegung in Frankfurt teil, was ihn später gegenüber Heilslehren misstrauisch machte. Und ihn die Bürgerfreiheit schätzen lehrte. Lektor, freier Autor, Journalist. Zuletzt in Berlin Chefredakteur und dann Herausgeber der „Welt“-Gruppe. In diesem Blog veröffentlicht er regelmäßig Kommentare, Essays, Besprechungen neuer, älterer und sehr alter Bücher, Nachrufe und nicht zuletzt Beobachtungen über den gemeinen Alltag.“

Thomas Schmid und Axel Springer bemühen vergeblich 2009 sich um ein Tribunal zur 68e Bewegung

Am 24. August 2009 berichtet HORIZONT Online unter der Überschrift „Axel Springer sagt Tribunal zur 68er-Bewegung ab“ über diesen vergeblichen Versuch:

Die Neuauflage des „Springer-Tribunals“ wird nicht stattfinden. Axel Springer hat die Veranstaltung abgesagt. Nun schieben sich das Medienhaus und ehemalige 68er gegenseitig die Schuld zu. „Die maßgeblichen Akteure der 68er-Bewegung haben unser Gesprächsangebot leider zurückgewiesen und damit die Chance zur erneuten Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit und die der damaligen Gegner vertan“, sagt Springer-Chef Mathias Döpfner zur Begründung. Bemerkenswert finden wir, dass ausgerechnet diejenigen, die immer den offenen Diskurs gefordert haben, diesen nun verweigern“, ergänzt Döpfner. „Mich enttäuscht diese klägliche Verweigerungshaltung“, sagt Thomas Schmid, Chefredakteur der „Welt“-Gruppe und Initiator der Neuauflage. Ehemalige 68er wehren sich gegen diese Darstellung: Auf Spiegel Online schreiben Peter SchneiderBernhard Blanke und Daniel Cohn-Bendit, die Idee „ist dort begraben worden, wo sie entstanden ist: im Hause Axel Springer“. Die Entrüstung des ehemaligen Radikalen Schmid über die „klägliche Verweigerungshaltung“ seiner ehemaligen Mitstreiter beruhe entweder auf Täuschung oder Selbsttäuschung: „Die Eingeladenen waren bisher nur telefonisch kontaktiert worden, so gut wie niemand hatte seine Teilnahme verbindlich zugesagt.“ Schmid habe versucht, Kandidaten durch die vermeintliche Zusage anderer Teilnehmer für das Tribunal zu gewinnen. „Da jedoch auch 70-jährige die Grundfunktionen eines Handys beherrschen, stellte sich bald heraus, dass es einen Konsens unter den sonst eher zerstrittenen 68ern gibt: Zu einer als „Springer-Tribunal“ getarnten Pro-Springer-Kampagne im Hause Springer geht man lieber nicht.“ Das Springer-Tribunal sollte ursprünglich im Februar 1968 stattfinden und die Rolle des Axel Springer Verlags und ihrer Zeitungen als „Organe politischer Hetze“ entlarven. Allerdings vertagte sich das Tribunal kurz nach der Eröffnung und wurde nie fortgesetzt.“

HORIZONT Online

Ein Interview mit Thomas Schmid zu seiner Rolle in der Frankfurter Studentenbewegung

Unter anderem wird er gefragt, was er damals wollte und antwortet wie folgt:

Was genau war das, was Thomas Schmid damals wollte?

„Es gibt eine für mich persönlich biografisch wichtige rätselhafte Frage, die ich mir bis heute nicht beantworten kann: Wie kommt jemand, der nicht ganz dumm ist, der zur ersten Generation gehört, die in einem Europa ohne Kriege aufwächst, in dem es wirtschaftlich vorangeht, Parteien und freie Meinungsäußerung erlaubt sind, in dem alle Instrumente einer zivilen Gesellschaft zumindest potenziell bereitstehen – wie also kommt jemand, der studierte und gute Berufsaussichten hatte, dazu zu sagen: „Diese Gesellschaftsformation muss verschwinden“? Ich habe keine schlüssige Antwort darauf. Aufgewachsen in einer katholischen südhessischen Kleinstadt, in der die CDU lange regiert hatte und die in ihrer kulturell-altdeutschen Prägung etwas Vermufftes hatte, störte mich der Geist der Verschlossenheit, der Enge, eines fraglosen Konservatismus. Jugend will eigentlich immer provozieren. Wir wollten das auch. Aber wir wollten auch etwas anderes: Wir wollten eine Durchlüftung der Gesellschaft. Wenn man damals provozieren wollte, war es das sicherste Mittel, auf die verfemte sozialistische Karte zu setzen. Alles, was marxistische, sozialistische Theorie war, war ja extrem negativ besetzt und tabuisiert. Ich glaube, diese sozialistische Theorie hat uns eingenommen, weil sie einfache Lösungen bot, weil sie auf alles eine Antwort hatte und alle Probleme lösen zu können schien. Kopfgesteuerte Menschen sind oft anfällig für große, alles versprechende Systeme. Moderne Industriegesellschaften sind aber stets komplex und können nicht die schnellen Lösungen bieten, die die Jugend will, die wir damals jedenfalls wollten. Der Sozialismus versprach im Rahmen seiner Theorie die Lösung aller Probleme – im Grunde genommen ein reaktionäres Modell. Dieses Theoriegebäude bot schnelle Antworten auf alle Fragen. Das hat uns unglaublich fasziniert. Im Grunde genommen waren wir – das Wort Freiheit auf den Lippen – am Ende illiberal. Dabei gab es doch positive Vorbilder: Carlo Schmid, Dahrendorf, Frentzel. Sie standen erfolgreich für den freiheitlichen Weg. Doch diese Botschaft haben wir, habe ich jedenfalls übermütig und herablassend in den Wind geschlagen.“

Das Saatkorn des Zweifels, von Christopher Lesko, veröffentlicht am 07.10.2010 in Die Welt

Die Rolle von Thomas Schmid im Verlauf der Frankfurter Studentenbewegung

Thomas Schmid der Störer vom Lehrveranstaltungen: Beispielsweise zwingt er Süllwold ein Seminar abzubrechen. Oder …(wird noch ausgeführt).

Weitere Hyperlinks, die Thomas Schmid betreffen

Herr Veit Feger, der den vorliegenden Internetauftritt dankenswerterweise aktiv unterstützt, hat mich heute – am 27. Februar 2022 – auf zwei Hyperlinks aufmerksam gemacht, die ebenfalls die Häutungen Schmids anschaulich widergeben:

So bestätigt Schmid in einem Beitrag vom 17. Februar 2017, er habe erst 1970 entdeckt, dass es die revolutionäre Arbeiterklasse gar nicht gebe. Stolz berichtet er:

Wie erklärt man einem Publikum des Jahres 2017, was uns 1970 bewogen hatte, nach Rüsselsheim zu Opel zu gehen, um dort einen revolutionären Kampf zu entfachen? Ehrlich gesagt, wir konnten es uns damals auch nicht so genau erklären. Wir waren erst 40, dann 100 und später erheblich mehr junge Leute, die in Frankfurt am Main an der Studentenbewegung teilgenommen hatten und nach deren Ende neue Ufer suchten. Daniel Cohn-Bendit gehörte dazu, ebenso Matthias Beltz, Joschka Fischer, Tom Koenigs oder der begnadete Cellist Frank Wolff, der spätere Psychoanalytiker Reimut Reiche und der heute im ganzen Rhein-Main-Raum bekannte Varieté-Impresario Johnny Klinke. Wir wollten das Feuer der Revolte nicht erlöschen lassen. Und es ausgerechnet in die Adam Opel AG tragen.“

Kritisch setzt sich die TAZ in einem Artikel vom 7. Mai 2008 mit dessen Rolle als Chefredakteur im Springerkonzern auseinander und führt unter anderem aus:

Schmid selbst berichtet nicht von einer Entwicklung vom guten Linken zum hirnlosen Rechten, wenn er von sich erzählt. Da wäre er ja auch schon blöd. Aber auch nicht von einer Entwicklung vom Saulus (68er) zum Paulus (geläuterter 68er), wie es der Wiener Standard vor kurzem darstellte. Mit der Zuschreibung des Bürgerlichen sei er vielleicht sogar einverstanden, sagt Schmid, nur umfasse sein Bürgerlichkeitsbegriff anderes: nicht nur den Bourgeois, sondern auch den Citoyen. Ausführlich spricht er darüber, dass er die liberale gewaltenteilige Demokratie für eine kostbare Errungenschaft halte. Außerdem sagt er: „Ein eloquenter Streit ist mir lieber als das Verhalten eines Wolfs gegenüber einem Wolf.“ Aber links? Rechts? „Diese Art von Gesäßgeografie interessiert mich nicht. Das ist zu einfach.“ Er sagt: Er habe sich „natürlich verändert“. Klingt ja auch gut. So progressiv.“